Lombardium-Skandal: unbeteiligte LC2 Anleger werden zur Zahlung aufgefordert

Mit Schreiben vom 12.07.2019 führt der Insolvenzverwalter über das Vermögen der „Erste Oderfelder Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG“, Rechtsanwalt Frank-Rüdiger Scheffler, die seit längerem vorbereiteten insolvenzrechtlichen Anfechtungen gegenüber ersten geschädigten Anlegern durch. Anleger, die sich aufgrund einer Rückzahlung ihrer eingelegten Gelder auf der sicheren Seite wähnten droht jetzt die Rückforderung durch den Insolvenzverwalter Scheffler.

Anleger suchen Rat – Was tun?

„Das Insolvenzrecht gibt dem Verwalter eine starke Rechtsposition. Die Insolvenzmasse ist schützenswerter als die Einzelinteressen der Gläubiger. In der Vergangenheit hat der Bundesgerichtshof die Anfechtung von derartigen Scheingewinnen bei Schneeballsystemen regelmäßig zugelassen und dem Insolvenzverwalter Recht gegeben. In zwei Entscheidungen aus dem Jahre 2017 und 2018 wird die Anfechtbarkeit abgelehnt, wenn die Auszahlungen zwar nicht durch Gewinne gedeckt waren, der spätere Insolvenzschuldner irrtümlich glaubte, diese Zahlungen zu leisten. Die Wasserscheide scheint bei der Frage zu verlaufen, ob die Zahlungen mit Absicht ohne Rechtsgrund geleistet wurden oder irrtümlich? Betroffene Anleger fragen, ob eine unbedingte und sofortige Zahlung vorgenommen werden muss oder ob pauschal gesagt wird, dass der Insolvenzverwalter keine Ansprüche geltend machen kann? Dies gilt zu prüfen“, meint der Berliner Rechtsanwalt Christian H. Röhlke, der eine Vielzahl geschädigter Lombardium-Opfer vertritt.

Auf das drohende Risiko für die Lombadium-Anleger, der insolvenzrechtlichen Anfechtung der Zahlung, haben Röhlke Rechtsanwälte seit Monaten hingewiesen.

Warum kam es zu dieser Entwicklung für die Lombard-Anleger?

Die Erste Oderfelder GmbH & Co. KG, oder Lombard Classic 2, hatte in ihren Prospekten und Werbematerialien darauf hingewiesen, dass eine Auszahlung von 7,15 % Gewinnanteilen, bezogen auf die Beteiligungssumme der stillen Gesellschafter, jährlich ausgeschüttet wird. Der Emissionsprospekt sah vor, dass nach exakt 36 Monaten Laufzeit die Einlagesumme in Höhe von 100 % an die Anleger zurückgezahlt wird. Die Fondsgesellschaft kam diesen Versprechungen bis 2014 nach. Eine Freude für die Anleger, sie haben ihre Gewinnanteile gutgläubig entgegen genommen. Zur Sicherheit trug bei, dass die Lombard Classic 2 die Ertragsteuern an das Finanzamt abgeführt hat, das wurde zumindest dargestellt. Zahlreiche Lombard-Anleger haben nach 36 Monaten ihr eingelegtes Geld komplett zurückbekommen. Betroffene Anleger berichteten den Rechtsanwälten der Kanzlei Röhlke, dass sie aus lauter Begeisterung eine Folge Beteiligung an der LC2 oder LC 3 gezeichnet haben. Und was tun? Der Insolvenzverwalter fordert diese Zahlungen zurück von den Anlegern zurück.

Betroffene Lombard-Anleger sind verunsichert: Warum und mit welcher Berechtigung wird zurück gefordert?

Rechtsanwalt Christian- H. Röhlke hierzu: „Anders als es im vorderen Teil des Prospektes heißt, sieht der Vertrag der stillen Beteiligung die Zahlungen der Einlage nicht vor. Der Vertrag regelt eindeutig, dass eine Rückzahlung der Einlage in dem Umfang erfolgt, in welchem die Einlage nicht durch Verluste geschmälert wird.“

Im vertragsdeutsch heißt das, dass der Stand des Kapitalkontos auszuzahlen ist. Dies bedeutet, dass der Kapitalkontostand von den Gewinnen und Verlusten, an denen der stille Beteiligte teilhat, abhängig ist.

Für die Anleger ist die Auszahlung der Gewinnanteile ebenso gewinnabhängig. Die Ausschüttung dieser fand jedes Jahr im März und September statt. Ein kritischer Zeitpunkt, da der Jahresgewinn nicht feststehen konnte. Im Vertragstext gibt es einen Vorbehalt: „Die Ausschüttungen erfolgen, wenn entsprechende Gewinne voraussichtlich erwirtschaftet werden.“

Tatsächlich hat die Erste Oderfelder KG zu keinem Zeitpunkt Gewinne gemacht. Das deutete sich durch die in öffentlichen Registern verbreiteten nachträglich erstellten Jahresabschlüsse der Jahre 2013-2015 an, die der Insolvenzverwalter hat anfertigen lassen. Daraus folgt, dass weder die erfolgten Auszahlungen der Einlage an die scheinbar glücklichen Gesellschafter zu Recht noch die halbjährliche Gewinnauszahlung berechtigt waren. Das bedeutet, dass die Anleger keinen Anspruch auf diese Zahlungen hatten. Dies berechtigt jetzt den Insolvenzverwalter, die Zahlungen nach Insolvenzrecht anzufechten, weil sie in diesem Kontext als „unentgeltliche Zahlungen“ zu gelten hätten.

Emissionsprospekt LC2: Rückforderung – Gewinnauszahlung – Auseinandersetzungsguthaben

In dem Emissionsprospekt des LC 2 findet sich keinerlei Hinweis auf eine mögliche Rückforderbarkeit der unterjährig ausgezahlten Gewinne. Ebenso findet sich, mit Ausnahme des Vertragsteiles, kein Hinweis auf die komplizierten Regeln zur Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens und dessen Auszahlung, die sich über viele Monate hinzieht. Vor Auszahlung des Guthabens ist der Jahresabschluss zu erstellen, wofür die Gesellschaft sich sechs Monate Zeit im Vertrag ausgebeten hat.

Wie Schadensanspruch geltend machen?

„Die Darstellung im Emissionsprospekt zur Frage der Gewinnauszahlung und des Auseinandersetzungsguthabens ist widersprüchlich bzw. grob falsch. Aufgrund dieser Widersprüchlichkeit hat das Landgericht Leipzig in einem von uns geführten Verfahren den Emissionsprospekt des Lombard Classic 2 gegenüber dem Insolvenzverwalter für fehlerhaft erachtet. Damit melden die Anleger Schadensersatzansprüche zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter hatte vor einigen Wochen darauf hingewiesen, dass Ansprüche auf Auszahlung der Guthaben infolge der jahrelangen Verluste der Gesellschaft keine Berücksichtigung finden. Zu prüfen ist, ob Schadensersatzansprüche im Insolvenzverfahren dem jetzigen Rückzahlungsanspruch entgegengehalten werden können. Röhlke Rechtsanwälte prüft für die Mandanten in jedem Falle Schadensersatzansprüche gegenüber den Kapitalanlagenberatern. Für die geschädigten Anleger manifestiert sich der Schaden erst jetzt: ein Vermögensabfluss tritt ein. Hiervon hätte der Anlageberater freizustellen,“ meint Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke.

Plausibilitätskontrolle: Haftung Vermittler?

Vor Abgabe einer Empfehlung zum Abschluss einer Kapitalanlage hat der Kapitalanlagenberater die Prospekte und Vertriebsunterlagen einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen und dem Anleger erkennbare Plausibilitätslücken mitzuteilen. Möglicherweise war dem Anlagenberater die insolvenzrechtliche Einkleidung des Rückforderungsproblems, die es jetzt erfahren hat, nicht bewusst. Nach Röhlkes Ansicht erkennt ein Berater die Diskrepanz zwischen den Darstellungen im vorderen Teil des Emissionsprospektes bezüglich der Frage der Zahlung der Gewinne und der Rückzahlung der Einlage zu 100 % nach 36 Monaten zu den hiervon deutlich abweichenden Darstellungen im hinteren Teil des Prospektes, dem Vertragsteil. Die Widersprüchlichkeit der Angaben, die den Prospekt unplausibel macht, zu erkennen und dem Anleger mitteilen ist Aufgabe und Pflicht des Beraters. „Da dies in keinem hier bekannt gewordenen Fall erfolgte, bestehen gute Chancen auf Schadenskompensation durch die Vermittler“, teilt der Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke mit.

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